Historisch standen klinische Klassifikationssysteme im Vordergrund, in den 70er Jahren wurden von Sillence 4 OI-Typen unterschieden (7), welche durch die klinische Symptomatik, radiologische Befunde und Vererbungsmuster charakterisiert waren.

Klassische Klassifikation der Osteogenesis imperfecta

Klassische Klassifikation der Osteogenesis imperfecta, wie von Sillence et al. vorgeschlagen. Diese Klassifikation basiert auf der klinischen Präsentation, den radiologischen Befunden und dem Vererbungsmuster und umfasst dominant vererbte Mutationen von Genen, die Typ-I-Kollagen (COL1A1 und COL1A2) codieren.

Genetische Klassifikation der Osteogenesis imperfecta

Die Einteilung nach Sillence wurde im Laufe der Jahre erweitert und mit den Fortschritten der Genetik wurden auch Vorschläge für genetische Klassifikationssysteme publiziert (2, 8).

Da im klinischen Alltag die Beurteilung und die therapeutischen Konsequenzen des individuellen Patienten jedoch weiterhin primär auf klinischen Befunden basieren, wird aktuell von vielen Autoren eine Einteilung nach genetisch-funktionellen Gesichtspunkten bevorzugt (6, 8, 9, 38, 39). Dabei repräsentieren die Typen I-IV Fälle mit dominanten Veränderungen in nicht geschlechtsbestimmenden Genen von COL1A1/2. Und andere und noch neu zu entdeckende Gendefekte werden weiteren Typennummern zugeordnet. Unter dem Typ I wird eine milde, dem Typ II eine kurz nach der Geburt tödlich verlaufende, dem Typ III eine schwere und dem Typ IV eine moderate Verlaufsform untergeordnet.

Die folgende Liste fasst die wesentlichen klinischen Manifestationen der OI zusammen (1, 8–11).

  • Erhöhte Knochenbrüchigkeit und Verminderung der Knochendichte
  • Kleinwuchs
  • Verformung von Extremitäten, Thorax und Kopf
  • Skoliose
  • Blaue Skleren
  • Myopie, kegelförmige Verformung der Cornea
  • Mittel- und Innenohrschwerhörigkeit
  • Laxität von Ligamenten und Haut, Überstreckbarkeit von Gelenken
  • Hernien inguinal und umbilical
  • Verletzlichkeit der Haut, Blutungsneigung
  • Dentinogenesis imperfecta
  • Herzklappeninsuffizienz, Dilatation Aortenwurzel, Aortendissektion
  • Intrinsische Lungenveränderungen, obstruktive Pneumopathie

Während sich die Typen II und höher regelhaft schon im (Klein)Kindesalter manifestieren, können Genträger des Typs I zwar bereits intrauterin und beim ersten Gehen Frakturen erleiden, jedoch das Erwachsenenalter auch unerkannt erreichen. Deformitäten sind geringgradig, die Statur meistens normal. Bei Erwachsenen mit wenigen Symptomen kann sich die Krankheit nach der Abänderung (Menopause) in Form einer beschleunigten Osteoporose manifestieren. Auch vorzeitige Hörstörungen ab dem zweiten bis vierten Lebensjahrzehnt sind typisch. Weitere Kennzeichen können rasche Alterung, Arthrosen und Gelenksüberbeweglichkeit sein. Bei dieser Form kann es im Verlauf zu häufigeren Knochenbrüchen und einem erheblich erniedrigten Knochenmineralgehalt kommen, welcher nach Ausschluss anderer Ursachen diagnostisch in Richtung OI wegweisend sein kann. Dabei kann die Bestimmung mittels DEXA durch Knochendeformitäten, Skoliose, Kleinwuchs, vorbestehende Frakturen oder Osteosynthesematerial erschwert sein.