Die klinische Diagnose basiert auf den erwähnten Symptomen und Zeichen. Bei Individuen mit multiplen Frakturen, einer positiven Familienanamnese und typischen Manifestationen ausserhalb der Knochen ist die Diagnose leicht zu stellen, bei Fehlen derselben oder geringen und unspezifischen Ausprägung jedoch schwierig (1, 8–11). Insbesondere bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer vorzeitigen, gelegentlich als idiopathisch bezeichneten Osteoporose ist an die Möglichkeit einer OI v. a. des Typs I zu denken.

Ein die OI beweisender Labortest ist nicht leicht zugänglich. Wohl können verschiedene Parameter des Knochen- und Mineralstoffwechsels und Marker von Knochenbildung und -abbau krankhaft ausfallen, aber nicht in einem Muster mit angemessener Sensitivität und Spezifität. Gewisse Bestandteile der kollagenen Fasern, die sogenannten Pyridinoline können im Urin nachgewiesen werden und werden als mögliche Biomarker für OI diskutiert (41). Heute werden in Speziallabors molekulargenetische Analysen auf Basis einer «Next-Generation»-Sequenzierung aller bekannter, mit einer OI assoziierten Gene als Gen-Panels angeboten, welche eine rasche Diagnose erlauben (1, 2, 12, 13). Bedingt durch eine Beschränkung bei der Leistungspflicht von Krankenkassen können Gen-Panel Analysen nur durch Ärzte mit eidgenössischem Weiterbildungstitel «Medizinische Genetik» verordnet werden. Vorgängig sollen Ursachen einer möglichen sekundären Osteoporose immer ausgeschlossen werden und muss ein dringender Verdacht auf eine OI bestehen. Falls dabei Mutationen mit unklarer Funktion entdeckt werden, stehen biochemische Untersuchungen zum Nachweis von Veränderungen der Menge, Struktur und von Modifikationen von Prokollagen I nach deren Synthese zur Verfügung, das Ausgangsmaterial wird aus Kulturen von beweglichen Bindegewebszellen (Fibroblasten) aus Gewebeproben gewonnen.

Die Differentialdiagnose umfasst eine Reihe von Zuständen, welche ebenfalls mit einer fragilen Knochenstruktur einhergehen. Erwähnt seien beispielhaft die Rachitis, die Osteomalazie, ein juveniler M. Paget, die seltene AD-vererbte Hypophosphatasie und die idiopathische juvenile Osteoporose. Bei Kindern mit multiplen Frakturen in verschiedenen Heilungsstadien, wie sie bei OI gesehen werden, muss auch an die Möglichkeit einer Kindsmisshandlung gedacht werden und umgekehrt bei Verdacht auf Kindsmisshandlung stets an ein Ehlers-Danlos-Syndrom, eine Krankheit, die hauptsächlich durch eine Überdehnbarkeit der Haut und durch überbewegliche Gelenke gekennzeichnet ist, sowie an einen Vitamin-D-Mangel und eine OI (40).