Im Juni 2021 erschien ein Artikel im Journal Acta Orthopaedica, in dem ein Leitfaden für chirurgische Eingriffe bei Osteogenesis Imperfecta präsentiert wird. Das Ergebnis resultiert aus der Zusammenarbeit einer internationalen und interdisziplinären Arbeitsgruppe bestehend aus Mitgliedern europäischer Patientenorganisationen sowie Fachleuten aus Zentren, die weltweit als führend in der Versorgung von OI anerkannt sind. Der erarbeitete Leitfaden, bestehend aus vier detailliert erläuterten Bereichen, soll die Standardisierung der klinischen Praxis und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den Behandlungszentren verbessern.

  1. Interdisziplinärer Ansatz:

Im Austausch mit dem Gesundheitspersonal, soll es dem Patienten möglich sein, Informationen über die Gesundheitsfürsorge zu erhalten, zu verstehen und zu nutzen, um Entscheidungen zu treffen. Der Patient muss sich frei fühlen, seine Zweifel, Ängste und Ziele zu äussern. Auf die Bedürfnisse des Patienten soll bestmöglich eingegangen werden.

  1. Chirurgisches Entscheidungsgespräch:

Individuelle Merkmale des Patienten sollen zu einem individuellen Ansatz für jeden einzelnen Fall führen. Dabei ist auf eine transparente, respektvolle Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit dem Patienten und dem chirurgischen Versorgungsteam zu achten. Falls die gemeinsame Zielformulierung nicht mit den eigenen Erwartungen des Patienten vereinbar ist, ist es empfehlenswert, eine Zweitmeinung einzuholen. Sind verschiedene Kulturen betroffen, so können professionelle Kulturdolmetscher helfen, die kulturellen Werte des Patienten einzubeziehen. Ebenfalls ist die endgültige Entscheidung des Patienten stets zu respektieren.

  1. Chirurgische Techniken:

Die verschiedenen Techniken bei Operationen von OI Betroffenen werden im Detail erläutert. Die unterschiedlichen Herangehensweisen je nach Ausprägung der Krankheit und die Möglichkeiten an den verschiedenen Extremitäten oder an der Wirbelsäule werden beschrieben. Aufgrund der Komplexität wird in dieser Zusammenfassung auf weitere Details verzichtet. Bei Interesse können dem Artikel weitere Informationen entnommen werden.

  1. Feedback-Loop:

In einem abschliessenden Schritt sollen prä- und postoperative standardisierte Ergebnismessungen zur Verknüpfung der erwarteten Ergebnisse mit den tatsächlichen Ergebnissen miteinander verglichen werden. Messungen von Deformitäten, Schmerzen, Funktion und der Lebensqualität sowie realistische Ziele und Erwartungen der Patienten vor der Operation dienen dabei als Grundlage. Im Anschluss an die Operation werden die Aspekte neu bewertet und gemeinsam evaluiert, ob die gesetzten Ziele erreicht werden konnten. Als Messgrundlage wird das kürzlich veröffentlichte «Key4OI Standard Set of Core Outcome Measures for OI» empfohlen.

Trotz einem möglichst einheitlichen Leitfaden bleibt im Allgemeinen die Anpassungsfähigkeit des chirurgischen Plans, das Können und die Erfahrung bei der grossen Variabilität von OI entscheidend. Die Definition von «Erfolg» ist patientenspezifisch zu beachten.